IN EINEM ANDEREN LAND | BRITT BEYER
Sie haben ihre Familien und Freund*innen zurückgelassen – und leben jetzt in einem anderen Land: junge russische Systemkritiker*innen. Um einer Verhaftung oder der Verpflichtung in der Armee zu entgehen, flohen sie nach Armenien, Georgien und Kasachstan. Oder nach Usbekistan, wie der 28-jährige Aktivist und Anwalt Artjom Klyga. Dank eines humanitären Visums kam er 2023 nach Deutschland. Hier ist er mittlerweile für einen Verein tätig, berät russische junge Männer, die ihren Einberufungsbefehl bekommen haben und nicht in den Krieg ziehen wollen oder die von der Front desertiert sind. Artjom weiß: Solange das Putin-Regime an der Macht ist, gibt es für ihn kein Zurück mehr. Er wurde als „Auslandsagent“ eingestuft und gilt in seiner Heimat offiziell als Staatsfeind.
SEDIMENTE | MICAELA SOFIA CAMPORA & MICHAEL FETTER NATHANSKY
Am 28. März 2021 schloss David Campora seinen Lebenslauf, in dem er minutiös alle Ereignisse festgehalten hat, mit einem letzten Eintrag ab: Endstation. Vier Jahre später begibt sich die in Köln lebende Autorin und Übersetzerin Micaela auf Spurensuche nach Uruguay. Sie möchte den Entschluss ihres uruguayischen Großvaters verstehen, mit 86 Jahren Suizid zu begehen. Im Dialog mit Angehörigen und alten Weggefährten entfaltet sich das Porträt eines Mannes, der Vieles war: ein in der Heimat gefeierter Revolutionär, gefolterter politischer Häftling, selten Vater, noch seltener Opa. Vor allem aber war er ein Mythos. Stück für Stück setzt Micaela Fragmente ihrer Familiengeschichte zu einem neuen Bild zusammen – und nähert sich darin ihrer eigenen Geschichte an.
