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Das Bild in der Hand

2017 waren Andreas Bolm und Gerd Breiter mit “Mein letztes Video” zu Gast in der doku.klasse. Darin porträtieren sie einen erfolgreichen YouTuber. Im Rahmen des von der Duisburger Filmwoche und doxs! gemeinsam veranstalteten 3sat Extras „Das Bild in der Hand“ gab es im November 2022 ein Wiedersehen mit Andreas Bolm. Auszüge aus dem Gesprächsprotokoll.

Schon immer war die Medienkompetenz von Protagonist*innen eine Herausforderung dokumentarischen Arbeitens – durch die Omnipräsenz und Demokratisierung der Bilder in den Sozialen Medien hat sie eine neue Qualität erreicht. Wie gehen Dokumentarfilmer*innen damit um? Wie und wie so jemanden porträtieren, der bereits eigenständig ein Bild von sich in die Welt sendet? Welches Potenzial liegt in der vermeintlichen Konkurrenz der Bildregime? 

Diese Fragen diskutieren Andreas Bolm und die Editorin Yana Höhnerbach (Searching Eva) in dem 3sat Extra Das Bild in der Hand. Dokumentarische Zugänge zum Bildregime Social Media, das von der SPIEGEL-Redakteurin Hannah Pilarczyk moderiert wird.

 Nach einem Ausschnitt aus Mein letztes Video, in dem die Hauptfigur Anton sagt, sie wolle Regisseur werden, fragt Pilarczyk Bolm: „Wie begegnet man einem Protagonisten, der eigentlich schon Regisseur ist?“ Bolm war bis zu einem gewissen Grad eher neugierig an Anton. Er hat sich sehr viel mit Fiktion und Inszenierung von Social Media auseinandergesetzt. Anton ist Profi in dieser Selbstdarstellung. „In welchen Momenten hat Anton kontrolliert?“ will Pilarczyk wissen. Bolm: „In allen.“ Manchmal hat er versucht, ihn ein bisschen aufs Glatteis zu führen.

Anton sagte: „Man kann alles machen, man muss es nur wollen“. Bolm und sein Co-Regisseur und Kameramann Gerd Breiter wollten dies hinterfragen im Konzept, aber der Plan ging nicht auf. Man hätte sich auch eine Schauspielrolle für Anton ausdenken können, er wäre dafür bereit gewesen.

Ein weiterer Ausschnitt aus dem Film zeigt den Protagonisten, wie er seinen Karrierewechsel in Hollywood anstrebt. Als er diese Entscheidung für seine Follower*innen auf einer Wohnungsterrasse aufzeichnet, filmt ihn das Filmteam. Man hört Hubschrauber und Polizeisirenen. Anton: „Von daher – Los Angeles wird gelebt.“

Pilarczyk sieht in dieser Einstellung ein „Pas de deux“ der zwei Kameras – wie sind Bolm und sein Team da vorgegangen?

Bolm erzählt, dass Anton zu diesem Zeitpunkt mit Youtube aufhören und Hollywood-Blockbuster-Regisseur werden wollte. Er fand diese Leidenschaft faszinierend, „wie Anton in etwas Neues hineingeht.“ Mit langen Einstellungen und dem Mitgehen der Kamerabewegung Antons brachen die beiden Kameraästhetiken auf. Es entsteht im Film eine Spannung, die konträr läuft zu dem, was Anton macht, der sich in seinen Videos immer selbst inszeniert. „Wie konnten sie sich da mit Antons ästhetischen Vorgaben arrangieren?“, fragt Pilarczyk. Bolm sagt, Anton kannte Gerd Breiter schon und hatte Respekt vor dessen Kameraarbeit, also gab es keine Vorgaben. Sie hätten zwar viele Interviews geführt, aber genau bei diesen Bewegungen konnte man mehr über Anton ergründen.

Das komplette Protokoll von Marius Hrdy findet sich auf protokult.de.