Atelier

Is this the real life? Is this just fantasy?

Auf diese Rohschnittsichtung waren die Teilnehmer*innen der doku.klasse bereits nach dem ersten Workshop wahnsinnig gespannt: Katharina Pethke zeigt uns ihren Stoff „MEIN FREMDES ICH“.

Letztes Jahr im Workshop wurde die doku.klasse bereits in den Bann gezogen, als die Filmemacherin davon erzählte, dass sie Lale dabei begleiten will, von sich einen persönlichen Avatar erstellen zu lassen. Mit Lale lernen die Betrachter*innen eine junge, schöne Frau kennen, die als Model arbeitet und sich vorstellen kann, ihren Job in Zukunft an die digitale Version von sich selbst abzugeben. Lale möchte sich endlich wichtigeren Dingen im Leben zuwenden, während ihr Avatar auf digitalen Fashion Weeks und Social Media Plattformen auftreten soll. Nach der Rohschnittsichtung stellen sich viele der Teilnehmer*innen der doku.klasse vor allem eine Frage:

„Wie sehr kann die moderne Technologie mit unserer physischen Realität verschmelzen und was bedeutet dann überhaupt Realität?“

Die Teilnehmer*innen der doku.klasse werden direkt zu Anfang des Dokumentarfilmes damit konfrontiert, dass sie die virtuelle und die physische Realität kaum noch voneinander unterscheiden können. Ein detailliert aufgenommener Urwald erscheint auf der Leinwand und überzeugt mit seiner glänzenden Auflösung. Ob dieser Urwald in der physischen Realität existiert oder doch mittels CGI erzeugt wurde, bleibt für viele doku.klasse Teilnehmer*innen bis zum Ende unklar.

Bis Lales Avatar in seinem vollständigen Zustand zu sehen ist, durchgeht sie einen langen Prozess, der von Gesprächen mit Freund*innen und Familie und Ganzkörperaufnahmen im Produktionsstudio bestimmt wird.

Dieser erste Rohschnitt unterscheidet sich stark von dem nun fertigen Film: In einer ersten Version wird in festen Einstellungen Schritt für Schritt der Prozess der Avatar-Erstellung erzählt. Im finalen Film wird auf Grundlage der Ideen der doku.klasse später ein Videotagebuch von Lale mit eingebaut. Bei der doku.klasse kommt während der Rohschnittsichtung nämlich die Frage auf, warum Lale sich zu diesem großen Schritt entscheidet. Die Zuschauer*innen erfahren in der Rohschnitt-Version noch wenig über Lales Gefühlswelt. Eine Ausnahme stellt dabei vor allem die Szene dar, in der es ein vertrautes Gespräch zwischen dem Model und ihrer Mutter gibt, bei dem deutlich wird, dass Lale offen zu ihren äußerlichen „Ecken und Kanten“ steht. Die Teilnehmer*innen der doku.klasse betonen im Gespräch die Bedeutung dieser Szene.

In einer nächsten Szene sieht man dann, dass aus der Ganzkörperaufnahme von Lale etwas herausretuschiert wird, das wie eine Narbe aussieht. Die doku.klasse stellt sich deshalb automatisch die Frage, ob der Avatar von Lale also wirklich ein identischer Klon von ihr ist oder vielleicht doch eine idealisierte Form ihrer Selbst. Wurde hier bereits eine moralische Grenze überschritten? Eine Teilnehmerin denkt laut nach:

„Wie weit ist die Technologie vielleicht jetzt schon, ohne dass wir es wirklich wissen?“

Mit dieser und vielen weiteren spannenden Fragen und Eindrücken geht die doku.klasse an diesem Donnerstagabend in ihre eigene Realität zurück.