Atelier

Ein Schmetterling schlüpft aus dem Kokon

Nach der Rohschnittsichtung des Dokumentarfilms Chao´s Transition sind alle Teilnehmerinnen der doku.klasse von der Protagonistin Chao und ihrer vielseitigen Persönlichkeit begeistert. Die Regisseurinnen Susanne Mi-Son Quester und Mieko Azuma ermöglichen den Betrachter*innen einen intimen Einblick in das Leben von Chao, welches sich momentan vor allem um ihre Transition dreht. Als biologischer Mann in Japan geboren, lebt sie seit ihrem fünften Lebensjahr in der Schweiz. Schon als Kind war ihr klar, dass sie kein „normaler“ Junge, sondern eigentlich ein Mädchen ist.

Wenn die jungen Mitwirkenden der doku.klasse Chao durch den Spiegel sehen, erkennen sie eine willensstarke, souveräne Frau. Trotzdem haben alle großes Verständnis dafür, dass sich Chao alle körperlichen Merkmale einer cis-Frau wünscht. Die Vagina spielt dabei eine große Rolle. Die Geschlechtsangleichung möchte sie in Thailand durchführen lassen, weil ihr die Ergebnisse der Chirurgie dort wesentlich besser gefallen als in der Schweiz.

„Weil wir halt keine cis-Frauen sind, möchten wir mit dem, was wir optisch anbieten können, möglichst viel Qualität anbieten.“ – Chao

Doch Chaos Leben dreht sich nicht ausschließlich um ihre Transition, sondern unter anderem auch um ihre künstlerische Laufbahn. Beim letzten Mal hatte die doku.klasse die Filmemacherinnen ausdrücklich dazu ermutigt, in dem Film auch einen Schwerpunkt auf Chaos künstlerische Arbeit zu setzen. Dafür bedankten sich die Filmemacherinnen im Nachgespräch. Es gibt eine Szene, in der die junge Protagonistin davon berichtet, dass sie sich, als sie noch kein Schweizerdeutsch gesprochen hat, ausschließlich über Zeichnungen ausgedrückt hat. Dazu wird aus dem Plenum betont, dass diese Szene sowohl das zeichnerische als auch das sprachliche Talent von Chao unterstreicht.

„Und deshalb zeichne ich so gut. Ich musste für‘s Überleben zeichnen“ – Chao

Ihr künstlerisches Talent wird besonders in Szenen deutlich, in denen man sie zeichnen sieht. Im Film gibt es immer wieder Animationen, die Situationen unterstreichen und teilweise komplett visualisieren. Viele doku.klasse-Teilnehmerinnen wünschen sich mehr von den Animationen,  was, so die Filmemacherinnen, jedoch den zeitlichen und finanziellen Rahmen der Produktion gesprengt hätte. Der Song, den man am Ende des Filmes hört, könnte auch der Titelsong einer Anime-Serie sein. Alle sind sich einig – der Track ist gut und passt zu dem Film.

Für die doku.klasse ist von vornherein klar: Chao ist eine Frau, wenn sie als Frau gesehen werden möchte. Am Ende des Filmes wird deutlich, dass sie sich auch von ihrem Exfreund unter Druck gesetzt gefühlt hat, ihre geschlechtliche Angleichung so schnell wie möglich durchzuführen. Es ist beruhigend, dass sie sich diesem Druck nun nicht mehr ausgesetzt fühlt und ihre Angleichung zu einem von ihr selbst gewähltem Zeitpunkt durchführen lassen kann.

Im Gespräch fasst eine Teilnehmerin den Charakter von Chao zusammen und umschreibt sie als einen social butterfly, also eine Person, die schnell mit anderen Menschen ins Gespräch kommt, Kontakte knüpft und somit eine hohe soziale Kompetenz hat. Chao fliegt mit sehr viel Charisma und offenen Flügeln durch ihre eigene Welt. Dabei ist der letzte Schritt, den sie sich für ihre Metamorphose zur Frau wünscht, die geschlechtliche Angleichung. Dafür wünscht ihr die gesamte doku.klasse alles Gute.